14.02.2021

5. Etappe (Banlung)

Nach Stung Treng führte mich die Reise für weitere 2 1/2 Fahrstunden in den sogenannten wilden Osten in die Provinz Ratanakiri, respektive an den dortigen Hauptort Banlung. Für die Fahrt nutzte ich dieses Mal eine Mitfahrgelegenheit in einem Personenwagen und mit 4 Passagieren entsprach dieser Transport für einmal ganz Schweizer Norm.

Obschon die Provinz Ratanakiri nördlich und in erhöhter Lage liegt, klettern die Tagestemperaturen auf die gewohnten 30 Grad und mehr. Einzig in den jetzigen Wochen kühlen die Nächte auf frische 12 – 14 Grad ab.

Die Provinz Ratanakiri steht aufgrund der üppigen Landschaften und Dschungelgebiete bei Naturliebhaber hoch im Kurs. Vorallem Trekkingtouren sind es, welche Besucher anziehen. Mit diesen wird es möglich, u.a. die in den abgelegenen Dörfer lebenden ethnischen Minderheiten aufzusuchen. Diese sprechen nicht nur meistens ihre eigene Sprache, sondern leben abgeschieden nach eigenen Bräuchen und Gepflogenheiten. Im noch weiter abgelegenen Dschungel sollen offenbar wilde Elephanten, Tiger, Leoparden aber auch eine seltene und geschützte Gibbonaffenart ihren Lebensraum haben.

Als ich vor Jahren zweimal diese Provinz bereist habe, unternahm ich damals gleich mehrere Trekking-Touren in die entlegenen Gebiete und ich durfte mich dabei immer auf die Begleitung des gleichen Guides verlassen. Leider hatte ich auch von ihm nach all den Jahren weder eine Telefonummer, noch erinnerte ich mich an seinen vollständigen Namen.

Bei meiner jetzigen Ankunft habe ich mich sogleich nach einer neuen Begleitperson umgeschaut und wurde mit „Jammy“ fündig. Ich habe ihm meinen Wunschkatalog meiner Ziele deponiert und er hat mir eine Begleitung und Unterstützung für 3 einzelne Tage zugesagt. Natürlich habe ich es nicht unterlassen, ihm das vor 16 Jahre gemachte Foto meines damaligen Guides zur Verfügung zu stellen. Er kannte ihn nicht, wollte mir aber in diesen Tagen mit Unterstützung der sozialen Medien behilflich sein.

Der erste Halbtag diente einem obligaten Rundgang durch Banlung. Vieles kam mir noch bekannt vor, aber auch diese Stadt hat sich in dieser Zeit wie überall deutlich vergrössert. Schön ist, dass die teilweise nostalgischen Bauten aus der französischen Kolonialzeit aber noch zu sehen sind.

Gleich am darauffolgenden Tag ging es dann los, und Jammy holte mich mich mit seinem Motorrad in der Unterkunft ab. Für einmal nicht als Selbstfahrer sondern auf dem Rücksitz liess ich mir die unendlich erscheinenden Weiten des Hochlandes zeigen. Auf insgesamt rund 250 Kilometer auf alle Tage verteilt, durfte ich auf seinem Rücksitz eine wunderbare exotische Natur geniessen. Lokale Gepflogenheiten hin oder hin, ich entschied mich für ein festes Schuhwerk und verzichtete dafür gerne auf eine Daunenjacke.

Wir stoppten an vielen Plantagen und ich konnte mein Wissen über den Anbau von Früchten und Gemüse erweitern. So habe ich auch erfahren, dass die Inhaber der Pfefferplantagen zwischenzeitlich begonnen haben weniger aufwendige Früchte zu ziehen. Dies nachdem der beliebte Pfeffer aus dem südlichen Kampot dem nördlichen Pendent aufgrund seiner Intensität und Beliebtheit den Rang schon länger abgelaufen hat. Dadurch seien die Preise für den Pfeffer in Ratanakiri in den Keller gesunken und der aufwendige Anbau lohnt sich immer weniger. Ich habe natürlich den Pfeffer aus Ratanakiri auch probiert und darf bestätigen, dass sich dieser rein geschmacklich kaum mit „unserem“ Pfeffer aus Kampot vergleichen lässt. Bin froh, denn das jährliche Besorgen des Pfeffers aus Kampot rein geographisch gesehen deutlich einfacher für mich.

Als Alternative setzt man nun vermehrt auf den Anbau von Avocados. Diese sind im Anbau eher anspruchslos und es lassen sich gute Absatzpreise erzielen. Nachdem der Kambodschaner aber lieber kopiert als eigene Ideen entwickelt, fragt es sich, wie lange dies so bleibt. In jedem Fall entdecke ich auf unserer Fahrt schon einige Anbauten dieser Art.

Je abgelegener die Gebiete, je sandiger und staubiger die Strassen. Ich kann mich nicht daran erinnern je einmal mit soviel rotem Sand paniert am Abend unter die Dusche gestanden zu sein. Mit dem Erreichen einer der grösseren Flüsse in der Region hiess es dann aber umsteigen auf das Boot. Dies ist der beste Weg, um die verschiedenen kleinen Dörfer der am Fluss lebenden Minderheiten zu besuchen. An gewissen Stellen ist ein Überqueren auch mit dem Motorrad möglich.

Die Dörfer unterscheiden sich allesamt, je nach Ethnie. Wichtig scheint, dass der Guide einerseits die Dorfverantwortlichen kennt und so das Erscheinen ankünden kann. Es wird nicht gerne gesehen, wenn Fremde in der Dorfgemeinschaft herumstöbern ohne vorher ihr Kommen anzuzeigen. Jammy bereitete mich darauf vor, dass die Dorfbewohner von der Pandemie auf dieser Welt vernommen haben und seither gegenüber Ausländer etwas verängstigt sind. Sie befürchten, dass ihnen böse Geister diese Krankheit in ihre Dorfgemeinschaft bringen könnten. Für mich völlig verständlich und wir wussten uns auch entsprechend zu verhalten. Jammy wurde gegenüber den Einheimischen nicht müde zu betonen, dass ich in Sihanoukville wohnhaft bin und kein direkter Reisender aus dem Ausland sei.

Wir durften viele schöne Begegnungen machen und ich erhielt erneut einen guten Einblick in das Leben dieser Menschen. Allesamt leben sie in sehr armen Verhältnissen und ernähren sich weitgehend von dem, was ihnen der Boden und das nahe Wasser her geben, und das ist nicht wenig! Die gelebte Herzlichkeit und Zufriedenheit macht diese Menschen in meinen Augen definitiv zu den Reichsten dieser Welt. Ich war einmal mehr sehr beindruckt und fühle mich am Schluss dieser Tage auch etwas reicher. Aus Respekt habe ich das Erlebte nur in beschränktem Ausmass fotographisch festgehalten. Die nachstehenden Aufnahmen erfolgten wie immer mit einer herzlichen Genehmigung.

Mit der Rückreise nach Stung Treng nahmen weitere interessante Tage ihr Ende. Übrigens, Jammy hatte alles gegeben, und zum Schluss noch meinen damaligen Guide ausfindig machen können. Während ich nach all diesen Jahren noch immer mit einem Camelhemd durchs Land ziehe, hat er sich feineres Tenue zugelegt und arbeitet als Staatsangestellter im Finanzdepartement der Provinz Ratanakiri….! Wir trafen uns zu einem gemeinsamen Nachtessen, und auch er war sehr.angetan davon, nun im Besitz von Fotoaufnahmen aus der damaligen Zeit zu sein. Er war noch nie in Sihanoukville und will dies bei Gelegenheit unbedingt mit einem Besuch bei uns nachholen.