27.12.2020

Wie in allen buddhistisch geprägten Länder, fanden auch bei uns keine Weihnachtsfeierlichkeiten statt. Den von Westlern organisierten Christmas-Partys konnte ich bis anhin noch nie viel abgewinnen. Wir verlebten daher eine normale Woche und das ist auch gut so.

Viel lieber möchte ich der Leserschaft zum Jahresende nachfolgend noch kurz einen Überblick über die diesjährige Weiterentwicklung von Sihanoukville verschaffen.

Seit dem Ausruf der Regierung Kambodschas, die Stadt Sihanoukville mit der tatkräftigen Unterstützung der Chinesen von einem überschaubaren Küstenort zu einer südostasiatischen Vorzeigestadt zu entwickeln, war ich in den letzten Jahren bei der Abreise oft überzeugt, schlimmer kann es nun nicht mehr kommen. Ich meinte damit stets nicht das Vorhaben als solches, sondern vielmehr, dass hier innert rekordverdächtiger Zeit eine Grossstadt aus dem Boden gestampft wird. Als sie dann vor etwas mehr als einem Jahr auch noch damit begannen, das komplette (!) Strassennetz in und um Sihanoukville überall gleichzeitig zu erneuern, waren starke Nerven gefordert. Ich gewann zum Teil den Eindruck, dass die Planer erst nach der Fertigstellung von ersten Hochhäuser gemerkt haben, dass dem Abwasser nun im besten Willen nicht mehr mit den herkömmlichen Sickergruben Herr zu werden ist und der Abfall am besten weit ausserhalb der Stadt und nicht mehr in jeder einzelnen Strasse verbrannt werden sollte. Und so kannten ich und meine Gäste in den letzten Jahren vorallem eines, nämlich Schlaglöcher, „Wasser“pfützen, Kehrichtdepots und Baustellen auszuweichen. Trotzallem für alle Hierhergereiste ein spezielles und bleibendes Erlebnis, eine solche Momentaufnahme mal mit eigenen Augen sehen zu können. Zwischenzeitlich sahen wir uns ja auch gezwungen, unsere Wasserversorgung in unserem Haus zusätzlich mit dem Anzapfen von Grundwasser zu sichern und der oftmals fehlende Strom mit der Anschaffung eines tüchtigen Generators zu erzeugen.

Der nachstehende Vergleich meiner beiden Fotoaufnahmen aus dem Jahr 2015 und der vergangenen Woche vermögen meine Ausführungen sicherlich zu verdeutlichen:

Dieses Jahr scheint nun wirklich alles etwas anders zu sein. Welche Überraschung für mich, als ich nach 8 Monaten wieder in Sihanoukville eintraf. Dies hätte ich mir im Traum nicht vorgestellt. Noch allzugut sitzen die Erinnerungen der Strassenverhältnisse in der Stadt bei meiner letzten Abreise im Kopf:

Und nun haben die hier es in der Zwischenzeit also tatsächlich trotz Regenzeit geschafft, 90% der Strassensanierungen inklusive dem Einbau von Wasser- und Abwasserleitungen sowie den Bau von Kläranlagen fertigzustellen. Die bisherigen Strassen wurden teilweise in grosse Avenues und allesamt mit grosszügigen seitlicben Fusswegen ausgestattet. Sogar Beleuchtungskörper und Verkehrstafeln sind nun auch in Sihanoukville existent. Man ist nun daran, während den nächsten Monaten noch die fehlenden kleineren Strassen sowie die vielen Abschlussarbeiten bei den Gehwegen und Rabatten fertigzustellen. Hier gibt es definitiv noch viel zu tun.

Sihanoukville wird von den Planern gerne als neue Metropole oder als sogenannte Smart-City bezeichnet. Das erste Mal glaube ich jetzt daran und bin nun sehr froh, dass die Zeiten des baulichen Molochs mehr oder weniger ein Ende gefunden haben. Ich kann mich nämlich schon gar nicht mehr daran erinnern, wenn ich mit meinem 125er Roller das letzte Mal mit 50 Km/Std durch die Stadt gefahren bin. Der vor 2 Jahren angeschaffte Stromgenerator sowie die Grundwasserpumpe in unserem Haus musste Somnang in diesem Jahr nur noch vereinzelt für einzelne Stunden in Betrieb nehmen und die Kehrichtabfuhr fährt nun auch teilweise 2mal wöchentlich vor.

Der alljährlich stattfindende Gipfel der 10 Asean-Staaten (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam) findet im Jahr 2022 tournusgemäss in Kambodscha statt. Als Austragungsort für diesen Gipfel (mit den zusätzlichen Gaststaaten China, USA, Südkorea, Japan und Australien) wurde Sihanoukville bestimmt. Nun wird mir klar, warum hier dermassen aufs Tempo gedrückt wird. Nicht unmöglich, aber ein sehr ambitiöses Ziel, die Stadt bis dahin gipfeltauglich zu machen. Dies umsomehr Corona den Fahrplan durch das lange Fehlen der chinesischen Gastarbeiter bei den Bauten etwas durcheinander zu bringen scheint. Einiges ist fertig, doch bei vielen Gebäuden herrscht noch mächtig Durchzug.

Ohne Frage, ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn Sihanoukville so geblieben wäre, wie ich diese Stadt mal angetroffen habe und ich kann auch nicht wirklich nachvollziehen, warum wir in der Welt nur eines, nämlich ständiges Wachstum in den Köpfen haben. Der sogenannte „Point of no Return“ ist auch hier schon lange erreicht und so bleibt eben nur ein Weg, nämlich sich auf die Veränderungen einzustellen. So hoffe ich wenigstens, dass auch diese schlussendlich Chancen bieten wird. Zumindest unser Sunnyboy sieht es mal positiv und es scheint ihm schon mal zu gefallen.

20.12.2020

Die Freude war beidseitig gross, als ich nach einer problemlosen Fahrt aus Phnom Penh schlussendlich in Sihanoukville eintraf. Somnang und Zaly bereiteten mir einen gewohnt herzlichen Empfang und waren dafür besorgt, dass ich mich sofort wieder heimisch fühlte.

Vorderhand werde ich nun meine Zeit in meinem kambodschanischen Zuhause verbringen, bevor ich dann plane, noch etwas im Land umherzureisen. Im November waren es nun doch schon 10 Jahre her, dass wir die Liegenschaft per Fingerabdruck zum Eigentum übernommen haben. Ich erinnere mich noch gut an die Anfangszeiten zurück.

Während den ersten 5 Jahren nutzte ich meine jährlichen Ferien um zusammen mit Somnang unser Zuhause umzubauen, zu sanieren und für künftige Gäste umzugestalten.

Seit 2015 geniessen wir es nun Gastgeber sein zu dürfen und wir sind glücklich, dass uns seither schon so viele Gäste mit einem Aufenthalt beehrt haben. Eigentlich wäre ja ein Marschhalt aufgrund der Liste an Reiseinteressierten erst in ein paar Jahren geplant gewesen. Die jetzige Situation will es nun anders, und so ist es mir nun gegönnt, zum ersten Mal überhaupt, für längere Zeit zusammen mit Somnang und Zaly unser gemeinsames Heim ohne bauliche und planerische Tätigkeiten zu geniessen. Wenn mich jemand fragt, was ich denn jetzt den ganzen Tag so tue, dann pflege ich stets zu sagen „ich wohne“. Nach 2 Wochen stelle ich fest, dass mir dies ganz gut gelingt. Dass ich mich in Sachen einheimischer Küche auf die Kochkünste von Somnang verlassen darf, macht es umso einfacher.

Unsere Gartenanlage ist eine sich ständig ändernde Oase. Somnang investiert vorallem nach der Regenzeit jeweils viel Zeit, diese wieder sehr anschaulich auf Vordermann zu bringen. Bei einer näheren Betrachtung kann ich mit jedem Jahr wieder neue Errungenschaften oder kleine Schönheiten entdecken, welche unter anderem seine grosse Verbundenheit zur traditionellen Khmer-Kultur erkennen lässt.

Es scheint auch so, dass Somnang in unserem Garten schlichtweg alles zum blühen bringt. Auf einer seinerzeitigen gemeinsamen Reise nach Mondulkiri kaufte er sich dort aus dem kambodschanischen Hochland ein paar kleine Pflanzen aus einer Kaffeeplantage, und siehe da, den Kaffeepflanzen scheint es auch bei uns zu gefallen und erscheinen zur Zeit in ansehnlicher Grösse und dies erst noch mit Blüten dekoriert. Ob ich künftig nun auch noch meine Kaffeekapseln zuhause lassen kann, wird sich noch zeigen.

Auch in unserer nächsten Nachbarschaft hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Stand unsere Liegenschaft im Zeitpunkt des Kaufs noch weitgehend im Grünen, so beschränkt sich das Grün heute auf unseren Umschwung, dies dafür umso üppiger. Mit dem Blick aus dem Fenster im Jahr 2010 und der Luftaufnahme vom März 2019 ist das Ausmass der Bautätigkeit in unserer Nachbarschaft gut erkennbar.

Und zu guter letzt steht jetzt nach einer Bauzeit von 1 1/2 Jahren auf dem letzten unüberbauten Flecken, von wo unser Gast Bruno noch im März 2019 eben diese Luftaufnahme machte, nun ein mehrstöckiges Gästehaus, und gleich daneben wurden bisherige Gebäude um ein weiteres Stockwerk aufgestockt.

Die grosse Nachfrage nach Wohnungen liess die einheimischen Grundeigentümer in den vergangenen Jahren sehr viel Geld investieren. Nun hofft man natürlich auf ein baldiges Corona-Ende, denn sämtliche Neubauten stehen heute leer und haben bisher noch keine Mieter gesehen. Die Bankzinsen sind wie bei uns trotzdem zu bezahlen.

Unsere Nachbarin hat sich kurzum entschieden, in ihrer Liegenschaft ein Lädeli mit Artikeln des täglichen Gebrauchs aufzumachen, um wenigstens so noch etwas Einnahmen zu erzielen. Sehr zur Freude von uns, denn noch nie war der Nachschub an Getränken und sonstigen Kleinigkeiten so nah.

13.12.2020

Das Warten auf das Testergebnis zog sich am letzten Sonntag erwartungsgemäss noch etwas hin, und so erreichte mich erst im Verlauf des Abends der erlösende Anruf aus der Hotel-Lobby. Und wie habe ich es doch genossen, mein erstes Bier „in Freiheit“! Eventuell lag es aber einfach auch daran, dass ich mein Zimmer im Sokha-Hotel nun von der gegenüberliegenden Uferseite betrachten konnte. Ein Aufenthalt mit wirklich bleibender Erinnerung, den ich so eigentlich lieber nicht mehr wiederholen möchte.

Am Folgetag stand dann ein reichhaltiges Programm an, denn ich habe mich entschieden, nur noch diesen einen Tag in Phnom Penh zu verbringen um schnellstmöglich Richtung Süden an mein Endziel zu gelangen. So war dann am Montag also sogleich mein Fahrer Sansan gefordert, indem er mich an die verschiedenen Orte im Stadtzentrum brachte, damit ich noch ein paar Besorgungen und persönliche Abklärungen erledigen konnte. Sansan war sichtlich happy wieder mal einen ganzen Tag mit einem Gast unterwegs sein zu dürfen. Er und seine Familie können sich durch die fehlenden Touristen seit dem Frühjahr finanziell nur knapp über Wasser halten und versuchten zwischenzeitlich mit einem Umzug in eine kleine Wohnung ausserhalb der Stadt etwas Mietkosten einzusparen. Der längere Anfahrtsweg nimmt er in Kauf. Nebst den Mittel für den täglichen Bedarf sind es vorallem die Schulkosten für einen weiteren Schulbesuch der beiden Kinder die ihm Sorge bereiten.

Traditionsgemäss statte ich jeweils bei Reisestart einem Geistlichen in einer der schönen buddhistischen Pagoden der Stadt einen Besuch ab. Und seit diesem Moment beschützt mich hoffentlich auch in dieser Saison ein rotes Armbändchen am rechten Handgelenk vor Ungemach.

Bereits beim einchecken in meinem Hotel wurde mir ein weiteres Mal klar, dass Corona auch hier ganze Arbeit geleistet hat. Ich bin in diesem sonst gut frequentierten Hotel seit 2 Monaten der einzige Gast und mit Ausnahme von 2 Angestellten, welche das Hotel im Standbymodus halten, wurde das gesamte Personal schon vor Monaten freigestellt.

Fährt man durch die Touristenmeile „Riverside“ stellt man fest, dass nicht nur die Strassen kaum überfüllt sind wie sonst, sondern das Leben auch hier praktisch vollständig zum Erliegen kam. Ich schätze, dass etwa 80% der bei Reisenden beliebten Betriebe zwischenzeitlich geschlossen wurden. „For Sale“ und „For Rent“ dominieren das Bild dieser Gegend. Ein Grossteil der Bars und Restaurants waren vorwiegend auf einen westlichen Tourismus ausgerichtet, und ein solcher findet nun seit dem Corona-Ausbruch ja nicht mehr statt. Es stimmt mich traurig, dass tausende Angestellte nun seit Monaten ohne regelmässiges Einkommen und jegliche staatliche Unterstützung auszukommen haben. Viele sind zwischenzeitlich aus der Stadt auf das Land in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt und versuchen sich als Selbstversorger durchs Leben zu schlagen.

Einzig die Tauben entlang der Promemade lassen sich von den fehlenden Touristen nicht beeindrucken und beanspruchen die Gehwege und Plätze mehr denn je zuvor.

Begibt man sich hingegen nur ein paar Strassenzüge weiter ins Zentrum trifft man dann auf den einheimischen Handel und all die Verpflegungsmöglichkeiten, wie man diese schon vor der touristischen Erschliessung überall im Land kennt. Ich erinnere mich noch gut an diese Zeiten zurück und es freut mich, dass wenigstens das normale einfache Leben hier weiterhin zu funktionieren scheint. Ich aus meiner Sicht habe die einheimische Lebensart schon immer den touristischen Gepflogenheiten vorgezogen, und so fordert die aktuelle Situation für mich auch keine grösseren Entbehrungen. Ich versuche mich wieder etwas daran zu gewöhnen, unter all den Einheimischen des öfteren der einzige Westliche zu sein.

Zum Abschluss meines Aufenthaltes in Phnom Penh begab ich mich noch zu einem Feierabenddrink an den Ort, an welchen ich mich bislang mit den meisten unserer Gäste begeben habe. Für einmal musste ich auf der Dachterrasse im „Le Moon“ keinen Tisch im voraus reservieren und ich kam mir ehrlich gesagt so ganz ohne Begleitung auch etwas komisch vor. Der schöne Sonnenuntergang liess den etwas einsamen Moment auf der Terrasse aber dann doch noch zu einem versöhnlichen Abschluss werden.

Am Dienstag in der Früh wurde ich dann planmässig von einem meiner Chauffeure im Hotel abgeholt und ich machte mich auf die letzte Etappe meiner Anreise nach Sihanoukville. Unterwegs kreuzten wir bei einem Frühstückshalt noch einen weiteren Fahrer aus unserem Team. Wir nahmen die Gelegenheit war, uns noch etwas über die aktuellen Begebenheiten auszutauschen, bevor es dann für einmal auf nicht überfüllten Strassen zügig weiter südwärts ging.