20 Jahre Kambodscha

Als ich vor einer Woche am 02.11. den Flieger Richtung Kambodscha bestieg, waren es auf den Tag genau 20 Jahre her, als ich dies zum ersten Mal tat. Seither führten mich meine jährlichen Reisen ununterbrochen in dieses Land. Die ersten Jahre davon sogar bis zu drei Mal jährlich, heute nicht mehr vorstellbar.

Schon bei meinem ersten Aufenthalt im November 2004 wurde mir klar, dass ich dort hin gekommen bin um zu „bleiben“. Insbesondere die Herzlichkeit und Zufriedenheit der kambodschanischen Bevölkerung waren es, die mich förmlich anzustecken vermochten. Eine Art, die ich von meinen Reisen in andere Länder Südostasiens zwar bereits kannte, aber in Kambodscha deutlich intensiver erlebte. Eindrücke die bis heute haften blieben und mich in vielem prägten.

Wie immer startete ich auch in Kambodscha mit dem Ziel, auf möglichst eigenen Wegen das Leben der Bevölkerung kennenzulernen. 10 Jahre reihte sich folglich eine Tour an die andere und ich bin mir ziemlich sicher, dabei nicht wirklich viel ausgelassen zu haben.

Ich wurde Zeuge einer enormen Entwicklung in diesem Land, und dies vorab in den grösseren Städten. Ich habe heute das Gefühl, es sei noch gar nicht so lange her, als an der Riverside Phnom Penh noch der Elefant aus dem Königshaus all abendlich seine Runden drehte und das Überqueren der städtischen Strassen deutlich entspannter vor sich ging.

Das quirrlige Stadtleben war es aber schon damals, welches mich in den Bann zog. Ich konnte mich ob den vielen Eindrücken kaum satt sehen. Sei es per TukTuk oder meistens zu Fuss durch die Strassen, bis mich eine Garküche oder ein einheimisches Restaurant (andere gab es damals noch gar nicht!) zu einer Pause bewegte. Eine gute Gelegenheit etwas über die einheimischen Essgewohnheiten zu erfahren und gleichzeitig das an mir vorbeiziehende Leben zu beobachten. Durchaus entschläunigte Momente, wie ich sie auch heute noch auf meinen Reisen liebe. Durch Beobachten lernt man zu verstehen, davon bin ich nämlich nachwievor überzeugt.

Seit dem, dass der Kaffeegenuss nun auch bei der einheimischen Bevölkerung angekommen ist, und diese die Bohnen aus eigenem Anbau nicht nur exportieren, eignet sich auch ein „Käffeli“ immer wieder ganz besonders für eine Verschnaufpause.

Natürlich hatte ich bereits auf meiner ersten Reise die Tempelstadt von Angkor besucht, irgendwie geht dies gar nicht ohne. Eine besondere Faszination, die ich nach all den Jahren weiterhin gerne mit unseren Reisenden teile und es mir sogar gelingt, bei solchen, welchen Geschichte und Tempel nicht zum Steckenpferd gehören, etwas wie Begeisterung zu entfachen. Denn heute weiss ich, Angkor hat weit mehr zu bieten als einfach nur Sonnenaufgang und von Baumwurzeln verschlungene Steinruinen. Ich kehre auch heute nach 20 Jahren und unzähligen schweisstreibenden Tempeltagen nachwievor gerne an diese Stätte zurück. Und noch immer lässt sich Neues entdecken.

Während meinen ersten Besuche in Siem Reap wollte ich nebst diesen Tempeln und den vielen anderen sehenswerten Orten rund um die Stadt auch etwas mehr über das Wirken des Schweizer Kinderarztes Dr. Beat Richner, genannt Beatocello, erfahren. Es waren insbesondere seine wöchentlichen Cello-Konzerte und Erzählungen im Auditorium des Kantha Bopha Spitals, welche mein Interesse weckten. Sehr gerne nahm ich daran teil und war dann auch dabei, als er von seiner Krankheit gezeichnet 2017 ein letztes Mal vor sein Publikum trat. Des öfteren durfte ich auch ein paar Worte mit ihm wechseln, und als wir einmal zusammen am Flughafen auf den Flieger warteten, scherzten wir noch darüber, dass es nun nebst dem Beatocello auch noch ein Kambocello gibt. Dr. Beat Richner ist leider nicht mehr, aber der Beatocello ist auch heute noch allgegenwärtig und seine Verehrung, vorallem in Kambodscha, ist ihm wohl für immer gewiss. Die Spitäler von Kantha Bopha leisten nach wie vor einen äusserst wertvollen Einsatz zugunsten der Bevölkerung des Landes. Erst wenige Wochen sind es her, dass auch unser Zaly bei der Bewältigung eines Denguefiebers auf die professionelle Unterstützung des Spitals Kantha Bopha in Phnom Penh angewiesen war. Er konnte das Spital nach einer Woche wieder genesen verlassen und wir sind sehr dankbar für die erfahrene Hilfe.

Eigentlich sind es aber die Begegnungen von Land und Leute etwas fernab der Touristenhotspots, welche mir am meisten zusagen. Zwar war das Reisen gerade dort hin zu Beginn meiner Zeit in Kambodscha nicht ganz einfach und man benötigte schon mal etwas mehr Zeit als heute. Doch jeder Kilometer den ich in meinen Jahren in diesem Land zurück legte war es wert und öffnete mir einige Türen und bleibende Freundschaften. Vorallem schärfte es mir aber den Blick für das Wesentliche auf was es wirklich ankommt im Leben.

Ich erinnere mich zum Beispiel noch gut an meine ersten Abstecher in die nördlichen Teile des Landes, sei es während 6 Stunden auf dem Dach eines Bootes den Mekong hinauf, in überfüllten Minibussen über holprige Feldwege oder als dann gar niemand mehr fuhr, per Motorrad.

Überall wo ich eintraf, wurde ich mit offenen Armen empfangen und fühlte mich willkommen. Allesamt wunderbare Erinnerungen, welche sich mit Fotos nur unvollständig transportieren lassen.

Zugegeben, die gemütliche Schnapsrunde aus dem Topf liess meinen Magen kurzfristig etwas zusammenziehen und kostete Überwindung. Es sei aber sehr gesund und es gäbe mir viel Lebenskraft, so sagte man mir. Sie werden es wissen!

Gerade in solchen Gegenden lernte ich nur zu gut, dass es auch anderes als „Chicken Fried Rice“ für verwöhnte Asiengänger gibt. Ich glaube ich habe mich stets tapfer geschlagen und kann heute das ländliche Lebensmittelangebot ganz gut einsortieren. Geblieben ist bis heute die Lust auf eine feine Nudelsuppe und dies am liebsten täglich. Meine Mitreisenden können dies bestimmt bestätigen…..

Etwas gemässigter, aber nicht weniger interessant, ging es da im Süden des Landes, genauer gesagt am Küstenort Sihanoukville, zu und her. Ein Ort, den es seit dem enormen Entwicklungsschub so nicht mehr gibt, damals aber ein gut überschaubarer Platz war. Zu gut erinnere ich mich noch heute an mein einfaches Bungalow direkt am Meer, in welchem ich in den ersten Jahren logierte. Folglich auch an eines der wenigen Strandlokake, wo ich von einem Jungen mit dem Namen Somnang täglich köstlich verpflegt wurde.

Das damalige Zusammentreffen mit Somnang und später mit dem Wissen um seine Geschichte löste in mir einiges aus. Viele weitere Kapitel wurden seither geschrieben. Dank ihm und seinem Sohn Zaly ist Kambodscha, und im besonderen Sihanoukville, definitiv meine zweite Heimat geworden.

Nach den vielen Reisen durchs Land hiess es dann für eine Weile lang selber anpacken, denn es galt ein gemeinsames Zuhause baulich auf Vordermann zu bringen. Hierfür gab es so einiges an Erde und Stein zu bewegen.

Und schlussendlich waren es dann unzählige Pflanzen und viele Liter Farbe, welche unsere kleine Oase zu dem machte was sie heute ist.

Nach all dem nahm das Projekt „KamboCello“ schlussendlich so richtig seinen Lauf und es erfüllt mich heute schon etwas mit Stolz, dass wir auf unseren Touren, nun bereits seit 10 Jahren interessierten Reisenden aus der Schweiz unser Kambodscha zeigen dürfen. Offenbar auf eine Art und Weise, wie sie auch unseren Gästen zu gefallen vermag.

Eines ist klar, auch nach all diesen Jahren ist mir meine Reiselust noch nicht abhanden gekommen. Nach wie vor freue mich jedes mal auf das Neue los zu ziehen. So lange auch mein Rucksack der ersten Stunde dem noch gewachsen ist und es weiterhin auch Hemder der Marke Camel zu kaufen gibt, mag ich über ein Ende noch nicht spekulieren😉

Lass uns darum weiter ziehen und neue Geschichten schreiben, in diesem für mich so wunderbaren Land.