21.02.2021

6. Etappe (Siem Reap)

Nach den interessanten Tagen in Banlung ging die Reise wieder zurück nach Stung Treng, wo ich nochmals einen Zwischenstopp in der vorherigen Lodge am Mekong einlegte.

Die nächste längere Reisestrecke führte mich dann in knapp 5 Stunden auf einer Länge von etwas mehr als 300 Kilometer in den Westen des Landes nach Siem Reap. Ich durfte feststellen, dass diese Überlandfahrt landschaftlich definitiv zu den schönsten Strecken in Kambodscha gehört. Es wurde mir am Fensterplatz im Minibus zu keiner Zeit langweilig.

Mir ist bewusst, dass Siem Reap als DER touristische Hotspot wohl am ärgsten vom Ausbleiben der Touristen geplagt ist. Die in den letzten Jahren stetig steigenden Besucherströme zu den Tempeln von Angkor bescherten dieser Stadt ein enormes touristisches Wachstum. In Siem Reap leben zwischenzeitlich praktisch alle Bewohner in einer Form vom Tourismus. Viele Hotels sind geschlossen und solche welche offen haben, haben eine minimalste Belegung. So lasse auch ich mich wiederum für ein paar Tage als einer von wenigen Gästen in einem mittelgrossen Hotel nieder. Der Chef des Hotels ist Receptionist, Nachtwächter und Mädchen für Alles.

Der erste Spaziergang in die Ausgangsmeile verdeutlichte dann das Ausmass der jetzigen Situation. Nur vereinzelte Lokale sind offen, viele stehen zum Verkauf oder suchen neue Mieter. Ebenso geschlossen sind all die beliebten Nachtmärkte mit touristischen Angeboten. Für einmal erhält aber zumindest die traditionelle Khmer-Musik, gespielt von Minenopfer, wieder die nötige Aufmerksamkeit, was vorher bei den wummernden Bässen aus den Musiklokalen nicht mehr der Fall war. In den Abendstunden füllen sich die Strassen ein wenig mit flanierenden Kambodschaner. Es macht den Anschein, dass sie es trotzallem geniessen, die sonst so überfüllte Stadt zur Zeit etwas für sich zu haben. Alles in allem erlebe ich daher eine durchaus friedliche und freundliche Atmosphäre.

Betroffen von der jetzigen Situation sind natürlich auch meine Fahrer. Unter anderem auch ihnen galt mein jetziger Besuch. Auch sie waren gezwungen sich umzuorganisieren und kurzfristig andere Einkommensquellen zu erschliessen. Mein Fahrer Pich versucht seinen Lebensunterhalt nun so gut wie möglich mit Fischen und mit dem Betrieb einer Nudelküche in den Abendstunden zu finanzieren. Alles andere als einfach, da es ja schon vorher bereits Fischer und Garküchenbetreiber gab.

Da habe ich es also doch lieber, wenn Pich bei mir im Hotel vorfährt, und mich auf eine Ausfahrt mit nimmt. Für einmal ohne Gäste und somit auch ohne TukTuk. Auf dem Rücksitz seines Motorrades sitzt es sich bequem und man ist auch etwas zügiger unterwegs.

Ich wollte die Gelegenheit packen, andere sehenswerte Ziele anzufahren, um mir dies eventuell für künftige Rundreisen zu Nutzen zu machen. Eines dieser Ziele war der Besuch eines weiteren schwimmenden Dorfes im Tonle Sap-See. Dieses ist zwar etwas näher an Siem Reap gelegen als die Dörfer, die ich mit meinen Gästen besuche, doch wird dieser Ort eben gerade wegen der Nähe in der Regel von Grossgruppen-Reisen überschwemmt und entspricht dann nicht mehr unbedingt dem Reisevergnügen, dass ich zu bieten pflege. Jetzt war aber beste Gelegenheit, einen solchen Besuch nachzuholen.

Auch in diesem schwimmenden Dorf werden überall Krokodile gehalten und das Fleisch in den Restaurants angeboten. Man betont aber mit einem kambodschanischen „No have“ dass Krokodile weder im See selber noch in seinen Zuflüssen zu finden sind.

Einen weiteren Abstecher machten wir auf einen etwas ausserhalb der Stadt gelegenen Berg mit dem Namen „Kbal Spean“, für welchen Besuch man ebenso das Angkor Eintrittsbillett benötigt. Die 1stündige Fahrt dorthin lässt sich ganz gut geniessen.

Mir hätte eigentlich schon bei der Ankunft klar sein müssen, dass der Aufstieg zum höchsten Punkt nur mit einem grösseren Effort zu leisten ist. Spätestens als mir Pich, mein sportlichster Fahrer überhaupt, mitteilte, dass er lieber unten auf mich warten würde, sagte schon alles. So nahm ich dann also voller freudiger Erwartung auf das Ziel, den rund 2 Km langen steilen Aufstieg mit sehr viel Dschungelfeeling in Angriff. Durchgeschwitzt am Endpunkt angekommen stellte ich dann aber fest, dass ein eigentliches Ziel, sprich Belohnung gänzlich fehlt. Weder Aussicht noch Tempel oder sonst was. Somit ging es nach einer Pause wieder den gleichen Weg zurück. Wenigstens konnte ich mich an einer üppigen Natur, den farbigsten Schmetterlingen und an unterschiedlichsten Vogelgesängen erfreuen. Ein Ausflug ganz nach dem Motto: Man muss Wege gehen, um danach zu wissen, dass man sie nicht gehen muss.

Auf der Rückfahrt bot sich dann die Gelegenheit, beim in der Nähe gelegenen Tempel Banteay Srei noch einen Halt einzulegen. Für einen Abstecher bei diesem Tempel reicht die Zeit bei einem eintägigen Besuch von Angkor in der Regel nicht aus. Eigentlich schade, da dieser durch seine intakte Schönheit besticht und ohne Besucher sowieso.

Ich kann schon nicht mehr zählen, wieviele Male ich in meinem Leben bereits in Angkor war und wollte mir eigentlich deshalb einen weiteren Besuch in diesem Jahr ersparen. Nachdem normalerweise pro Tag bis zu 10’000 Eintrittsbillette verkauft werden, und es aktuell noch gerade mal 30 Stk pro Tag sind (ich löste um 9 Uhr das 12. Ticket), war mir klar, dass ich doch noch für ein paar wenige Fotoaufnahmen in den Park fahren werde. Diese Bilder des Jahrgangs 2021 nicht zu machen wäre schlichtweg fatal und ich musste diese einfach haben. Sie behalten einen ganz besonderen Wert. Ehemalige Reisende können dies bestimmt ganz gut nachvollziehen.

Ein abschliessender Abstecher in die Weiten der saftiggrünen Reisfelder machte meinen Aufenthalt in Siem Reap mehr als vollkommen. Meinem langjährigen Fahrer und Begleiter Pich ist es einmal mehr zu verdanken, dass ich auch in diesem besonderen Jahr meine geplanten Vorhaben allesamt umsetzen konnte.

Abschliessend sei noch erwähnt, dass ich in der Regel Siem Reap nicht verlasse, ohne vorher noch bei kambodschanischen Bekannten aus der Schweiz und Deutschland Hallo zu sagen. Es handelt sich dabei um sogenannte Sihanoukville-Flüchtlinge, welche nach dem Einfall der Chinesen das Weite gesucht haben. Die einen sind heute im nahen Kampot zu finden und andere sind nun eben in Siem Reap zuhause. Ein guter Treffpunkt ist dabei das Restaurant und Hotel des Schweizers Pascal, welcher vorher seinen Betrieb ebenso in Sihanoukville hatte. An meinem letzten Abend in Siem Reap tauschten wir bei einem gemeinsamen Nachtessen Neuigkeiten aus. Ein Wiedersehen gibt es dann erst wieder im nächsten Jahr, es sei denn, das Meer zieht die Geflüchteten zwischendurch mal zurück nach Sihanoukville, was seit dem baulichen Fortschritt wieder des öfteren zu sein scheint.

Auf Besuch in Sihanoukville