12.12.2021

Wer am asiatischen Alltag teilhaben will, muss früh aus den Federn. Dies habe ich mir in all den Jahren verinnerlicht und mutierte so automatisch zum Frühaufsteher. Mein persönlicher Tag beginnt hier in der Regel nach 5 Uhr in der Früh, und ich mache mich nach einem ersten Morgenkaffee auf zum obligaten Morgenschwumm. Meine bevorzugte Schwimmstrecke misst in etwa 800 Meter und führt dem gepflegten Sokha-Beach entlang. Mutterseelenalleine und im Angesicht der aufgehenden Sonne, fast schon ein meditatives Erlebnis, welches ich nicht mal bei Regen und ohne Sonne misse. Die meisten Kambodschaner haben ihren Tag zwischenzeitlich auch begonnen und es herrscht bei meiner Rückkehr bereits emsiges Treiben auf den Strassen.

Zuhause angekommen, wartet dann Zaly frisch und munter auf den Taxidienst zur Schule. In Anbetracht der Verkehrssituation können die Kinder in der Stadt den Schulweg nur bedingt mit dem Fahrrad zurücklegen, so wie dies auf dem Land für viele möglich ist. Zaly hat ab 7 Uhr ganztägig Unterricht und verpflegt sich zusammen mit den Schulkameraden in der Schule, wo dann auch ausreichend Zeit für etwas Spiel und Spass besteht. Am Abend wird er von Somnang wieder abgeholt.

Auf der Rückfahrt von der Schule besorge ich mir bei einem der mobilen Bäcker frische Baguettes. Danach ist dann die Zeit für ein ordentliches Frühstück gekommen. Die Baguettes, ein weit verbreitetes Überbleibsel aus der seinerzeitigen französischen Kolonialmacht. Gäbe es sie nicht, würde es eine Nudel- oder Reissuppe richten.

Nach etwas Hausarbeit, und eventuellen Besorgungen in der Stadt begebe ich mich dann in mein Outdoor-Homeoffice in unserem Garten, wo ich mich im wesentlichen mit dem Schreiben, dem Studieren von lokalen Medienportalen und Recherchen für weitere Reisen beschäftige. Ist dies alles getan, steuert mein E-Reader noch einige Abwechslung bei. Verweile ich auch am Nachmittag zuhause, dann bekomme ich mit, wenn zwischendurch der Früchtehändler bei uns vorfährt, oder uns die marschierende Gassenküche besucht. Die Versorgung lässt also nicht viele Wünsche offen.

Ist bei uns Zuhause die Ruhe eingekehrt, dreht dann auch unsere Hausschildkröte ihre Runden, zieht sich aber spätestens dann wieder in ihr stilles Plätzchen zurück, wenn Zaly mit Nachbarskinder bei uns zu etwas Chinesisch-Nachhilfe eintrifft. Somnang verbrachte ein Teil seiner Kindheit in einem chinesischen Tempel und vieles aus dieser Sprache ist ihm noch in Erinnerung. So verwandelt sich unsere Lounge also praktisch täglich für eine Stunde zu einem kleinen Klassenzimmer.

Um diese Bemühungen nicht zu stören, ertüchtige ich mich im späteren Nachmittag noch einmal etwas sportlich und drehe mit meinem Fahrrad meine Abendrunde entlang der Küste. Ich treffe dabei meistens auf die gleichen Einheimischen, welche offenbar Freude daran finden, dass sich ein Ausländer unter ihresgleichen begibt. Das abendliche Biken wurde seit den neuen Strassen zu einem neuen Freizeitvergnügen von Einheimischen. Einige schöne Begegnungen sind schon entstanden. Die spezielle Abendstimmung bei Sonnenuntergang trägt das seine dazu bei.

Ich bin bemüht, mich mit meinen jetzigen Aktivitäten etwas für die anstehende Reise fit zu machen. Die lokale Biketruppe hätte es durchaus begrüsst, wenn ich jeweils mit ihnen zusammen biken würde, habe aber angesichts der Länge der Strecken und der Fitness dieser jungen Truppe dankend abgelehnt. So bleibt es zwischendurch mal bei einem Schwatz an unserem gemeinsamen Pausenplatz und das ist auch ganz gut so. Man soll es bei dieser Wärme ja nicht übertreiben und jünger wird man schliesslich auch hier nicht.